Jetzt kommt wieder Farbe an die Bäume
Welche Bedeutung haben die Markierungen in Waldbeständen?
Die Frühjahrs- und Sommerzeit nutzt der Förster oder Forstwirt, um die Holzernte im kommenden Herbst und Winter vorzubereiten.
Die im Hiebsplan vorgesehenen Bestände werden dabei flächig begangen und teilweise mit Zeichen und Markierungen versehen.
Dieses sogenannte "Auszeichnen oder Anweisen" der Bestände verfolgt dabei gleich mehrere Ziele :
+ Beim intensiven Begang der Fläche verschafft man sich einen aktuellen Überblick über den Zustand und die Zusammmensetzung des Bestandes
+ Es werden diejenigen Bäume markiert, die gefällt werden sollen und zum Teil auch die besonders wertvollen Exemplare
+ Das für die Holzernte notwendige Erschliessungsnetz (Fahrwege, Maschinenwege, Rückegassen) wird inspiziert, wo nötig ergänzt und markiert
+ Ebenso wird die Fläche auf Natur-, Umwelt- und Denkmalschutzbelange überprüft, um die Holzerntemassnahmen darauf abzustimmen
Was bedeuten nun die verschiedenen Zeichen und Markierungen an den Bäumen?
Wird Holz geerntet, geschieht das zumeist im Zuge einer Pflegemassnahme, die in Waldbeständen üblicherweise als Durchforstung bezeichnet wird.
Hier werden unerwünschte oder das Betriebsziel störende Bäume entnommen, um den verbleibenden, qualitativ besten und vitalsten Bäumen mehr Licht, Wasser und Nährstoffe zukommen zu lassen.
Man lenkt somit gezielt den Zuwachs durch Wegnahme einzelner Konkurrenten auf diese sogenannten Zukunftsbäume, kurz Z-Bäume.
In jüngeren Beständen haben sich diese Elitebäume im Bestand noch nicht eindeutig abgesetzt, weshalb sie mit blauen Punkten eindeutig markiert werden.
Das hat den Vorteil, dass bei jeder weiteren Massnahme immer wieder derselbe Baum gefördert wird. Ausserdem ist er bei der Holzernte für die Arbeiter klar ersichtlich und wird dadurch nicht beschädigt.
Besonders seltene oder zu schützende Bäume (z.B. Speierling, Wildbirne, Mehlbeere etc.) können mit dieser Markierung ebenfalls hervorgehoben werden.
Die sogenannten Konkurrenten oder Bedränger der Z-Bäume bilden im Fachjargon den „ausscheidenden Bestand“.
Dieser wird manuell oder maschinell umgesägt und das Nutzholz durch die Rückemaschinen an den Fahrweg gerückt.
Die leuchtroten Schrägstriche, beidseitig am Stamm in Augenhöhe angebracht, signalisieren dem Motorsägen- oder Maschinenführer schon von weitem, welcher Baum zu fällen ist.
Der Boden ist das Kapital des Forstwirts
Anders als in der Landwirtschaft mit Egge und Pflug, hat der Forstwirt nicht die Möglichkeit, den Boden nach der Ernte mechanisch zu bearbeiten.
Das Bodengefüge des Waldbodens mit intakten Luft- und Wasserleitbahnen ist für ein gutes Pflanzenwachstum unabdingbar!
Es muss deshalb erhalten bleiben und darf durch eine flächige Befahrung mit schweren Maschinen nicht zerstört werden.
Deshalb wird die maschinelle Befahrung und damit verbundene Bodenverwundung gezielt auf ein Feinerschliessungsnetz, die sogenannten Rückegassen, gelenkt.
Die Seil- und Tragschlepper, aber auch Brennholzwerber mit ihren kleineren Gespannen müssen sich deshalb strikt an diese Abfuhrwege halten.
Waagerechte, blaue Ringe um Bäume, welche direkt an einer Gasse stehen, signalisieren deren Verlauf im Gelände.
Ein zusätzlicher, senkrechter Strich in gleicher Farbe zeigt dabei an, auf welcher Seite die Gasse verläuft.
So sieht man schon von weitem, wo es „in den Wald reingeht“. Aber auch von der Bestandsfläche kann man sich am Gassenring orientieren,
z.B. ob ein Baum bei der Fällung schon bis zur Gasse reicht oder wieweit ich mein Brennholz zum Aufladen auf den Hänger transportieren muss.
Vielfältiger Lebensraum
Holzerntemassnahmen sind immer auch Eingriffe in Lebensräume von Tieren und Pflanzen.
Schon immer wird dabei besonderen Strukturen auch besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
Wie bereits erwähnt, wird beim Auszeichnen nicht nur der Baumbestand begutachtet,
auch schützenswerte Habitate, bekannte oder neu entdeckte, werden mitunter besonders gekennzeichnet.
Das Alt- und Totholzkonzept Baden-Württemberg nennt dazu als Schutzelemente z.B. den Habitatbaum oder die Habitatbaumgruppe.
Das sind einzelne Bäume oder Baumgruppen, die bis zum natürlichen Absterben im Bestand verbleiben und besondere Strukturen aufweisen, die als Ruhe- und Fortpflanzungststätten für den Naturhaushalt wichtig sind.
Dies können sein z.B. Nisthöhlen, Horste, Stammfäulen, Pilzkonsolen, Blitzschäden, abgebrochene Zwiesel, absterbende Rinde oder hoher Totholzanteil im Kronenbereich.
Um eine Beeinträchtigung oder Beschädigung bei der Holzernte zu vermeiden, werden besonders schützenswerte Bäume oder Baumgruppen ebenfalls markiert.
Ein blaues „H“ für Habitat, beidseitig am Stamm angezeichnet, deutet auf eine Besonderheit an einem Einzelbaum hin.
Weiße Wellenlinien kennzeichnen die Abrenzung einer Habitatbaumgruppe, wo meist mehrere Bäume bereits besondere Strukturen aufweisen.
Da diese besonderen Biotope oftmals schon in ihrer Standfestigkeit beeinträchtigt sind, sind diese Markierungen durchaus auch Sicherheitshinweise für die Waldarbeiter :
Bei Holzfällungen in der näheren Umgebung solcher „Totholzbäume“ ist durchaus damit zu rechnen, dass allein durch die Erschütterungen eines auf den Boden aufschlagenden Baumes
solche Biotopbäume von alleine unkontrolliert umfallen oder Totholz abbricht. Hier ist also besondere Vorsicht geboten!