Hermann von Mittnacht

Hermann von Mittnacht

Am 17. März 2025 jährte sich zum 200. Mal der Geburtstag von Freiherr Hermann von Mittnacht. Obwohl dieser in Stuttgart geboren wurde, hatte er zeitlebens einen guten und intensiven Kontakt zum Taubertal und besonders zu Mergentheim und Reisfeld.

Seine Vorfahren

Sein Urgroßvater Johann Georg Mittnacht wurde 1687 in Holzbronn geboren und starb 1763 in Reisfeld. Der Großvater von Hermann Mittnacht, Franz Johann Michael wurde 1744 in Reisfeld geboren. Er war Förster und Schultheiß in Bieberach bei Heilbronn. Der Vater von Hermann, Franz Jakob wurde 1781 in Bieberach geboren und heiratete 1814 Josefa Magdalena Adelheid geboren von Sulzbeck aus Würzburg, die Tochter eines fürstbischöflich-würzburgischen Obristwachtmeisters und Militärarztes. Die Mutter von Hermann starb bereits, als Hermann erst vier Jahre alt war. Er hatte zwei Geschwister, darunter Bruder Carl, der im Jahr 1816 geboren wurde. Der Vater von Hermann heiratete erneut. Mittnachts Vater Franz Jakob war zunächst Ingenieur-Geograph im Dienste des Deutschen Ordens. 1809 wechselte er in die Dienste Bayerns und später in württembergische Dienste. Er hat sich große Verdienste bei der Vermessung der neuwürttembergischen Gebiete erworben. Dafür wurde er geadelt mit dem Titel Freiherr und durfte im Namen das „von“ tragen.

Privatleben

Der Vater von Hermann wurde als „finster, schweigsam, streng, trotz guter finanzieller Verhältnisse als sehr sparsam, übergenau“ geschildert, der “bei seinem Fleiß als Beamter keine Zeit für seine Kinder hatte und sich niemals mit ihnen beschäftigte“. Hermann hatte kein gutes Verhältnis zu seiner Stiefmutter Ida, geborene von Seybothen. Er war deshalb zeitweise in der Erziehungsanstalt Stetten im Remstal untergebracht. Er konnte diese lieblose und strenge Kindheit nur schlecht verarbeiten. Nach dem Gymnasium durfte er Jura in Tübingen und Heidelberg studieren und konnte 1854 den Dienst als Oberjustizassessor in Ellwangen antreten, bevor er 1856 dort Staatsanwalt wurde.

Er heiratete am 3.August 1854 in Ellwangen Angelika, geborene Bucher, die Tochter eines Gymnasialrektors. Das Ehepaar hatte zwei Söhne und zwei Töchter . Sohn Franz, der später Generalmajor war und Sohn Hermann, der ebenfalls die militärische Laufbahn gewählt hatte und Major war. Die Tochter Ida heiratete den Generalleutnant Adolf von Neidhardt und die Tochter Anna den württembergischen Obersten Paul von Baumann, der als Kommandant der Festung Glogau 1895 starb. Ob Hermann von Mittnacht mit seinen eigenen Kindern anders umgegangen ist, als sein eigener Vater, ist leider nirgends erwähnt.

Politische Karriere

Im Alter von 35 Jahren kandidierte Hermann von Mittnacht für den Abgeordnetensitz des Oberamtes Mergentheim bei der Wahl zum württ. Landtag und wurde 1861 in die II. Kammer des Stuttgarter Landtages gewählt. Dieses Amt übte er 39 Jahre aus.

Hermann von Mittnacht besuchte am 25. Mai 1864 als Abgeordneter für das Oberamt Mergentheim Niederstetten, um über die Eisenbahnfrage zwischen Crailsheim und Lauda zu diskutieren.
1865 wurde Hermann von Mittnacht Obertribunalrat und übernahm 1867 die Leitung des Justizministeriums. Ein Jahr danach wurde er zum Justizminister ernannt. Im gleichen Jahr besuchte er das Oberamt Mergentheim und hielt eine packende Rede an die Wähler zur Wahl des Norddeutschen Bundes. Bei der Einweihung der Eisenbahn zwischen Mergentheim und Crailsheim im Jahr 1869 war Hermann von Mittnacht in Mergentheim dabei. Ihm lag viel an der Abgrenzung Württembergs von Preußen in Bezug auf die Armee, die Steuern und das Post- und Eisenbahnwesen. Dafür erhielt er die Ehrenbürgerwürde der Stadt Mergentheim.

1870 wurde er zum Geheimen Rat ernannt, ab 1873 außerdem zum Justizminister. Das war eine Besonderheit, weil diese Amt zuvor kein Mann bürgerlicher Herkunft innegehabt hatte. Im Rahmen der Verhandlungen über den Beitritt des Königreichs Württemberg zum entstehenden Deutschen Reich vermochte es Mittnacht, die Interessen des Königreichs zu wahren.

Hermann von Mittnachts Engagement im Bundesrat zeichnete sich durch besonderes rhetorisches Geschick und seine kluge politische Taktik aus, was ihm eine hohe Anerkennung einbrachte. Über Jahre hinweg unterhielt Mittnacht eine rege und vertrauensvolle Beziehung zu Reichskanzler Otto von Bismarck. Er war wohl der einzige nichtpreußische Politiker, dem dies gelang. Über seine guten Beziehungen zu Otto von Bismarck verfasste er mehrere Schriften. Auch zu Kaiser Wilhelm I. Hatte er einen guten Kontakt. Er reiste zu dessen Beerdigung 1888 nach Berlin.

Ab 1876 trug Hermann von Mittnacht nach der Schaffung eines württembergischen Staatsministeriums den Titel des Ministerpräsidenten. Seine Rolle als Leiter der württembergischen Politik war damit gefestigt.

1900 legte Hermann von Mittnacht aus gesundheitlichen Gründen das Amt des Regierungschefs nieder.

Die letzten Lebensjahre

Die letzten Lebensjahre verbrachte er in Friedrichshafen am Bodensee. Dort hatte er bereits 1883 ein Haus gekauft. In Friedrichshafen wurde er verehrt. Von dieser Stadt erhielt er 1904 die Ehrenbürgerwürde. Er erhielt für seine Verdienste in den württembergischen Staatsdiensten mehrere Orden und Auszeichnungen.

Er starb friedlich an einem Herzschlag am 2. Mai 1909 in Friedrichshafen. Zur Beerdigung reisten viele hohe Herrschaften an u.a. der württembergische König und Vertreter des Kaisers und der umliegenden Herrschaftsterritorien nach Friedrichshafen. Auch eine Abordnung des Oberamtes und der Stadt Mergentheim machte sich auf den Weg nach Friedrichshafen. Hermann Mittnacht war sehr beliebt bei der Bevölkerung, so dass der Beerdigungszug lang war. Erst wurde Abschied in der Villa der Familie genommen, wo der württembergische König eine kurze Rede hielt, dann wurde der Verstorbene in der Familiengruft auf dem Alten Friedhof beigesetzt. Im Nachruf des Landtages wurde Freiherr Hermann von Mittnacht als „der auf die politische und wirtschaftliche Entwicklung des Landes fast ein halbes Jahrhundert lang den weitgehendsten Einfluss ausgeübt hat.“

Seine Spuren in unserer Region & bis in die heutige Zeit

Die Einrichtung der Garnison in Mergentheim und die Eisenbahnhaltestellen in Igersheim und Elpersheim gehen auf sein heimatverbundenes Engagement zurück.

In Igersheim und Bad Mergentheim tragen je eine Straße seinen Namen und in Stuttgart gibt es einen Mittnachtbau.

Text: Christine Schmidt