Waldarbeiter auf einer schneebedeckten Pflanzfläche

Frühjahrspflanzung 2022 abgeschlossen

Bunter Baumartenmix und bisher günstige Witterung


Auch in diesem Frühjahr wurden im Igersheimer Gemeindewald wieder viele Lücken geschlossen, welche vornehmlich durch die vorzeitige Zwangsnutzung von Fichtenbeständen entstanden waren.
Die beauftragten Forstdienstleister pflanzten auf zusammen 3,3 Hektar Wiederaufforstungsflächen über 9000 junge Bäumchen, die zu stabilen Mischwäldern heranwachsen sollen.

Eine große Herausforderung war u.a. der Witterungsverlauf :
Im Pflanzzeitraum von Anfang März  bis Anfang April war so ziemlich alles dabei, was die Wetterküche bieten kann : Sommerliche Tage bis 25 Grad Wärme, Regenschauer, Gewitter, Sturm und tiefster Winter machten es den Arbeitern nicht immer leicht, ihre schwierige und anspruchsvolle Arbeit fachgerecht durchführen zu können. Glücklicherweise waren die meisten Pflanzen im Boden bevor die Schneefälle kamen, sodass in punkto Wasserversorgung die jungen Bäumchen wohl einen guten Start haben.

Waldarbeiter stehen auf einer schneebedeckten Kahlfläche im Wald

Pflanzung im Hohenrain unter winterlichen Bedingungen

Dichte Schneedecke im Wald, worunter die eingeschlagenen Pflanzen schemenhaft zu erkennen sind

Wintereinbruch - die Pflanzen im Einschlag sind nur noch schemenhaft zu erkennen

Mit allein 5500 Pflanzen lag dieses Mal ein Schwerpunkt der Wiederaufforstungsmassnahmen im Igersheimer „bayerischen Wald“, in dem auf Markung Oesfeld gelegenen Gemeindewalddistrikt Rödelsee: Hier wurden vornehmlich Eichenmischbestände neu angepflanzt und ebenso bereits angelegte, aber durch Trockenheit, starken Graswuchs und Mäusefraß lückig gewordene Kulturen  mit Eichen nachgebessert.

Waldarbeiter bauen einen Kulturzaun um eine Pflanzfläche

Zu den Wildschutzmassnahmen zählen Zaunbau und Wuchshüllen

Welche Baumarten wurden sonst noch gepflanzt?

In der Regel wird eine oder zwei Hauptbaumarten auf die Fläche gebracht, flankiert von sogenannten dienenden Baumarten:  Diese bilden die Hauptmenge der Pflanzen und haben die Aufgabe, die Hauptbaumart immer gut zu ummanteln, zu beschatten und zu schützen. Im Gesamtbestand bilden sie den Zwischen- und Unterstand aus und werden, wenn sie die Hauptbaumart zu stark bedrängen, bei der Pflege auch als erste wieder herausgehauen. Die Baumarten Hainbuche, Linde, Feldahorn, Birke und Ulme sind dafür bestens geeignet.
Auf diese Weise wurden vielfältige Mischbestände mit den heimischen Hauptbaumarten Elsbeere, Speierling, Walnuss, Spitzahorn, Stiel- und Traubeneiche, Vogelkirsche, Wildbirne und Lärche begründet. Dazu noch die bereits erprobten „Fremdländer“ Schwarznuss, Baumhasel und Douglasie. Auf kleiner Fläche kommen neu hinzu die korsische Kiefer, der Tulpenbaum und die Hickorynuss.

Auf der Fahrzeugpritsche stehen junge Tulpenbäumchen in Aussaatschalen

Die jungen Tulpenbäume mit Wurzelballen warten auf ihre Ausbringung

Wie entscheidet der Förster, was und wieviel gepflanzt wird?

Viele Faktoren haben Einfluss wenn es darum geht, die richtige Baumartenwahl zu treffen.
Grundlage der Entscheidung ist die Standortskarte, die für alle Walddistrikte den jeweiligen Bodentyp ausweist. Hier gibt es vielfältige Hinweise wie z.B. Nährstoffversorgung, Wasserspeicherung, Kalkanteil, Bodenversauerung, Verdichtung, Gesteinsanteil oder auch topographische Besonderheiten wie Mulden, Gräben, Dolinen oder Steilhänge. Da die Baumarten unterschiedlichste Standortsansprüche haben, sind sie somit auch nicht für jeden Waldort geeignet.
Die Lage und Größe der Pflanzfläche im Gelände und eine eventuell bereits vorhandene Naturverjüngung bestimmen ebenfalls Art und Anzahl der Pflanzen. Lichtverhältnisse, Konkurrenzverhalten und Wuchsdynamik der Baumarten gilt es hier zu beachten.

Landkarte, die durch unterschiedliche Farbgebung und Schraffierungen verschiedene Bodentypen ausweist

Ausschnitt aus der Standortskarte für den Distrikt Hohenrain, Bereich Wildsauhütte/Bürgerwäldle :
Hier sind auf engstem Raum bereits 9 unterschiedliche Bodentypen ausgewiesen. Bei der Standortauswahl für eine bestimmte Baumart muss deshalb genau hingeschaut werden.
Die Abkürzungen stehen z.B. für FL-Feinlehm, Ri+-frische Rinne, KSH-Kalkschutthang, tSL-toniger Schichtlehm usw.

Landkarte, die die verschiedenen Bodentypen ausweist und gleichzeitig die gepflanzten Kulturen in unterschiedlichen Farben flächig dargestellt sind

Gleicher Ausschnitt der Standortskarte, jetzt aber mit den bereits angelegten, farblich unterschiedlich dargestellten Kulturen. Die Hauptbaumart ist dabei teilweise mit angegeben.
Die Douglasie (violett,geringere Bodenansprüche) wurde vor allem auf die dunkelbraunen Flächen gesetzt (Kalkverwitterunglehm=durchschnittl. Bodengüte).
Für die Laubhölzer (türkis) wurden die besseren Standorte Schichtlehm+Feinlehm ausgewählt.

Ein neu dazugekommenes Hilfsmittel sind die Baumarteneignungskarten der forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg :  
Diese  Karten zeigen die Eignung der bei uns vorkommenden Hauptbaumarten Fichte, Buche, Traubeneiche und Weißtanne bei verändertem Klima für verschiedene Bezugszeitpunkte und Klimaszenarien. In den Klimakarten können zwei verschiedene Szenarien ausgewählt werden:
Das RCP 4.5 steht für ein Szenario mit deutlichen Klimaschutzmaßnahmen weltweit (z. B. starker Verzicht auf Kohleenergie).
Das RCP 8.5 ist ein pessimistisches und das derzeit leider realistische Szenario mit nur geringen Klimaschutzmaßnahmen weltweit.
In Ampelfarben von grün (geeignet) bis violett (ungeeignet) erleichtert die Karte die Baumartenwahl, wenn durch Naturverjüngung oder Pflanzung eine neue Waldgeneration begründet werden soll. Die aktuelle Bestockung auf der Fläche ist dabei nicht berücksichtigt. Für den Bereich des Taubertals sind vor allem die Entwicklungsmöglichkeiten von Eiche und Buche bedeutsam.

Landkarte für den Raum Igersheim mit unterschiedlich colorierten Flächen..Diese machen jeweils eine Aussage über die Anbauwürdigkeit einer Baumart.
Eiche RCP 4.5
Landkarte für den Raum Igersheim, Flächen in verschiedenen Farben
Eiche RCP 8.5

Baumarteneignungskarten Eiche für den Raum Igersheim:
Während im günstigen Szenario RCP 4.5 (oben) auch weiterhin viele Flächen als geeignet für einen Eichenanbau gelten (grüne und gelbe Flächen),
weist RCP 8.5 im unteren Bild nur noch eingeschränkte, sichere Anbaumöglichkeiten für Eiche aus.

Landkarte für den Raum Igersheim, Flächen in verschiedenen Farben
Buche RCP 4.5
Landkarte für den Raum Igersheim, Flächen in verschiedenen Farben
Buche RCP 8.5

Deutlich schlechter sieht es in Zukunft für die Buche in unserem Raum aus:
Kein Standort wird mehr uneingeschränkt als günstig (grüne Farbe) eingestuft.
Die Buche wird bei uns allenfalls nur noch auf den Böden mit der besten Wasserspeicherkapazität (Feinlehme) überleben können.
In RCP 8.5 (untere Karte) sind bereits viele Flächen im Igersheimer Eichwald für einen Buchenanbau als ungeeignet (orange-rot-violett) dargestellt.
Der Kalkverwitterungslehm, der sich in unserer Region aus dem Muschelkalkgestein gebildet hat und flächenmässig am häufigsten vorkommt,
bietet aufgrund seiner geringen Speicherfähigkeit für Wasser der Buche in Zukunft nur noch wenig Entwicklungsmöglichkeit.

Nicht zuletzt sind die waldbaulichen Ziele des Waldbesitzers, die nachhaltige Produktion des nachwachsenden Rohstoffes Holz und Aspekte von Natur- und Artenschutz mit in die Bestandesplanung einzubeziehen.
Mit der Auswahl der Baumarten für eine Fläche trifft der Förster, anders als der Landwirt auf dem Feld, eine Entscheidung für Jahrzehnte und Jahrhunderte. Die rasanten Klimaveränderungen machen diesen Vorgang nicht leichter. Auch sind sonstige Risiken wie Pilzkrankheiten oder Schadorganismen für die Zukunft nicht kalkulierbar.
Oberstes Ziel muss es deshalb aus heutiger Sicht sein, durch sinnnvolle Baumartenwahl und Ausnutzung der natürlichen Waldverjüngung  stabile, gesunde, dem Klima angepasste und artenreiche Mischwälder zu entwickeln.