Kinder lernen Selbständigkeit und Bewusstsein für die Natur

Erster seiner Art in der Region: Der kommunale Wald- und Naturkindergarten Igersheim feiert 10 Jahre-Jubiläum.

Die Kinder seien einfach wunderbar, erklärt Monika Trenten, Leiterin des Wald- und Naturkindergartens in Igersheim, über ihre Schützlinge. Die 51-Jährige zieht ein Resümee, denn sie war vor ihrer Zeit in Igersheim, wo sie seit 2017 arbeitet, auch in anderen Kindergärten tätig: „Hier bei uns im Waldkindergarten können die Kinder Selbstwirksamkeit erlernen. Denn wer es im Winter warm haben möchte, sollte helfen, Holz zu holen, um den Ofen am Laufen zu halten oder das zum Händewaschen benötigte Wasserfass zum Befüllen wieder vom Bauwagen zur Hütte tragen. Diese regelmäßigen naturnahen Dienste erledigen die Kinder im Wechsel.“ So kümmern sich die 3- bis 6-Jährigen auch um Tiere, wie die Esel, die neben der Schutzhütte untergebracht sind, oder lernen, sich auf unterschiedliche Gegebenheiten einzustellen. „Sie nehmen sich selbst früh wahr, denn sie sollten beispielsweise spüren, friere ich, schwitze ich, wie geht es mir? Und welche Möglichkeiten habe ich, damit es mir warm wird.“  Eltern, die ihr Kind im Waldkindergarten anmelden, hätten eine bewusste Entscheidung getroffen „und wir bekommen oft positive Rückmeldungen“, freut sich Monika Trenten und erläutert: „Wechselhaftes Wetter sehe ich nicht als Herausforderung, sondern als Chance für die Kinder! Sie lernen, dass es kein ‚schlechtes Wetter‘ gibt, sondern dass das der Wechsel der Jahreszeiten ist, an den sie sich anpassen und den sie von Jahr zu Jahr immer wieder anders und neu erleben.“ Die Vielfalt und Wandlung der Natur seien Lehrmeister, meint Monika Trenten. Sie zitiert dazu den Anfang eines Gedichts von Ute Latendorf, das auch auf der Website der kommunalen Einrichtung zu finden ist: „Von der Sonne lernen, zu wärmen, von den Wolken lernen, leicht zu schweben, vom Wind lernen, Anstöße zu geben, von den Vögeln lernen, Höhe zu gewinnen, von den Bäumen lernen, standhaft zu sein.“  Die Nähe zur Natur schule neben dem Bewusstsein für die eigene Umwelt die Kinder in ihrem Wissen über Flora und Fauna. „Nicht zuletzt schützen sie das, was sie kennen – hautnah erlebt und lieben gelernt haben – viel eher. Und außer den naturgebundenen Phänomenen bekommen die Kinder natürlich in allen Entwicklungsbereichen Förderung. Was in einem ‚Hauskindergarten‘ unter Umständen angeschafft werden muss, um Sinne, Kognition, Grob- oder Feinmotorik, Sozialverhalten, Sprache und so weiter zu fördern, findet sich hier mitten im Gelände: Farben, Formen, Zahlen, Geometrie zum Beispiel, das alles ist in der Natur in vielfältiger Weise gegeben.“ Gegründet wurde der Wald- und Naturkindergarten 2014 durch die Initiative von Igersheims Bürgermeister Frank Menikheim. „Nach zehn Jahren Waldkindergarten kann man klar sagen, dass wir damals eine gute Entscheidung getroffen haben und auch das Konzept von Anfang an gepasst hat. Wir standen vor der Situation, dass wir mehr Kindergartenplätze gebraucht haben. Im Sinne einer Angebotsvielfalt habe ich dann überlegt, was eine gute Ergänzung zum bereits bestehenden Angebot an Kindertageseinrichtungen sein könnte. Daraus ist dann der erste kommunale Waldkindergarten im Main-Tauber-Kreis entstanden“, so der Bürgermeister. Er freue sich, dass sich die Einrichtung großer Beliebtheit erfreut und die Kinder die Möglichkeit hätten, ihre Kindergartenzeit in Wald und Natur zu verbringen. „Ich bin dankbar, dass vom dortigen Team so gute Arbeit geleistet wird. Der Standort auf der Streuobstwiese mit den Tieren in der Nachbarschaft und in kurzer Entfernung der Standort im Wald: das ist schon ein herausragendes Gesamtpaket!“   Gestartet mit vier werden inzwischen 20 Kinder von montags bis freitags von 7.30 Uhr bis 13.30 Uhr durch vier Teilzeitkräfte betreut. Es gibt die Schutzhütte am Radweg nach Harthausen – das Gelände daneben gehört Bauhofleiter Hermann Michel, der zusätzlich zu Kühen extra Esel für die Kinder angeschafft hat. Zehn Gehminuten von der Schutzhütte entfernt stehen im „Eichwald“ oberhalb des Schützenhauses weiteres Gelände und ein Bauwagen zur Verfügung. Viel vorgefertigtes Spielzeug gibt es nicht. Die Kinder sind zusammen im Wald unterwegs, vespern gemeinsam, spielen mit Naturmaterialien oder treffen sich im „Morgenkreis“ und zu anderen geführten Angeboten. Ab und an kommen Kinder anderer örtlicher Kindergärten vorbei. „Ich denke, dass eine gute Vernetzung und der Kontakt mit den anderen Igersheimer Einrichtungen dazu beiträgt, dass wir hier einen sehr sozialen Umgang miteinander pflegen“, stellt Monika Trenten fest. Eine Veränderung wünscht sie sich nicht: „Wir sind überaus zufrieden, wie alles momentan ist.“ 

Jubiläen

Der Wald- und Naturkindergarten Igersheim feiert sein zehnjähriges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür am 23. Juni von 14 bis 17 Uhr. An diesem Tag können Besucher einen Eindruck vom Leben und Alltag im Waldkindergarten bekommen. Kinder, Eltern, Team und Gemeindemitarbeiter würden den Festtag bereits mit viel Engagement vorbereiten. Eröffnet wird die Veranstaltung durch Bürgermeister Frank Menikheim, die Kinder und das Team des Kindergartens. Geboten sind Stationen an der Schutzhütte und am Bauwagen: Weiden flechten, ein Stand über Bienen und ein Stand der Naturschutzgruppe Bad Mergentheim und mehr laden zum Mitmachen und Verweilen ein, auch für Getränke, einen kleinen Imbiss und Bauernhofeis ist gesorgt.  Die Kinderkrippe in Igersheim begeht ebenfalls ihr „Zehnjähriges“ mit einem bunten Rahmenprogramm. Diese veranstaltet am 15. Juni von 14 bis 18 Uhr ihren dazugehörigen Tag der offenen Tür. 

Bild + Text: Linda Hener